Gestern hatte Steffi Geburtstag. Dazu wollte ich sie zum ersten Mal ins Kino in Lakselv einladen. Blöd war nur die Unwetterwarnung mit Sturm und Schneeverwehungen. Was, wenn wir nicht mehr nach Hause kommen? Und was, wenn auch noch Marit nicht mehr nach Hause kommt, die am Nordkapp in Honningsvåg Dienst hat? Für die Nordkapp-Insel war noch schlimmeres vorausgesagt. Wir entschieden uns es trotzdem zu riskieren. Schlimmstenfalls übernachten wir in der Tierklinik in Lakselv und die Hunde müssten die Nacht alleine überstehen.
Da wir seit zwei Wochen kein Internet haben (mal sehen, wann sich der Anbieter bemüht etwas dagegen zu unternehmen), fuhr ich also nach der vorabendlichen Hunderaubtierfütterung zu Steffi in die Tierklinik, um dort vor dem Kino noch etwas das Internet zu nutzen und die ein oder andere Sache zu erledigen.
Auf dem Hinweg bekam ich schon einen kleinen Vorgeschmack, was uns in der Nacht noch bevorstehen würde. Aber man konnte noch einigermaßen gut und heil die 15 km nach Lakselv reinfahren. In der Tierklinik sitzend und das vermisste Internet in Breitbandgescheindigkeit nutzend, wurden die Winde draußen immer stärker.
Gegen halb Acht machten wir uns dann mit Steffis Auto auf den Weg zum Kino. Es herrschte starker Wind und Dank des Schnees konnte man oft so gut wie nichts mehr sehen. Blöd, dass wir noch nie beim Kino waren und nur eine ungefähre Ahnung von dessen Lage hatten. Gepaart mit einer Sicht von wenigen Meter, führte dies unweigerlich dazu, dass wir ellenlang das Kino suchten.
Als wir unsere Suche außerhalb des Wagens versuchten fortzusetzen, erwischte mich eine Windböe und riss mir die Brille aus dem Gesicht. Na super! Ich hatte sie schon abgeschrieben und schätzte sie schon hundert Meter weiter irgendwo rumliegen. Blöd, dass ich ohne Brille blind wie ein Fisch bin und so auch jede Suche meinerseits sinnlos gewesen wäre. Nach einigen Sekunden konnte ich jedoch endlich Steffi auf den Verlust meiner Brille aufmerksam machen, welche diese dann auch glücklicherweise blitzschnell am Boden fand. Uff, Glück gehabt! Daraufhin brachen wir die Suche nach dem Kino außerhalb des sicheren Autos ab. Es war eh schon gerade 20:00 Uhr und der Film begann soeben ohne uns. Trotz nicht vorhandener Sicht entschlossen wir uns jedoch mal zu schauen, ob wir das Kino nicht doch finden, damit wir das nächste Mal nicht wieder suchen müssen. Nach ein wenig umherfahren, tauchte dann auch plötzlich ein Schild auf, welches den Weg zum Kino wies. Super!
Wir entschlossen uns kurzerhand reinzugehen und zu fragen, ob der Film schon läuft. Er lief schon, aber grad 5 Minuten. Und das Beste: Tickets waren gratis. Na dann, nix wie rein. Ein größerer Kinosaal, als von mir erwartet für das kleine Städtchen Lakselv. Wir waren froh in den bequemen Kinosesseln Platz nehmen zu können und vom Sturm draußen nichts mehr mitzubekommen. Ich ging nochmal raus und versorgte uns mit Schokopopcorn und salzigem Popcorn mit Karamellpuder. Dazu Cola.
Die Verkäuferin, die uns auch gratis reingelassen hat, kam mir bekannt vor. Dann viel der Groschen: Die haben wir vor einer Woche bei einer privaten Krabbenessen-Feier kennengelernt. Ob wir deshalb gratis reindurften? Oder ob wirklich gratis für alle war? Ich glaub wir werden es nicht mehr erfahren.
Nach dem Film, übrigens der zweite Teil von „Hunger Games“, fuhren wir vom schneeverwehten Parkplatz zur Tierklinik zurück. Sachen ins Auto gepackt, Tor gegen den Sturm ankämpfend noch verschließen und ab auf die Piste nach Hause. Dort warteten schließlich noch Geschenke für Steffi.
Doch je näher wir dem Ortsausgang von Lakselv kamen, desto heftiger würde der Sturm und desto weniger die Sicht. Ok, umdrehen war irgendwann keine Option mehr, da dies im Bereich des unmöglichen lag. So kämpfte ich mich mit unserem VW Bus ohne Allradantrieb und ohne Spikes durch die Schneeverwehungen. Mehrmals musste ich stehenbleiben, weil rein garnix mehr zu sehen war.
Dann passierte, was nicht passieren sollte: Ich blieb in einer Schneeverwehung stecken. Mist! Warnblinker an und sachte versuchen da wieder raus zu kommen. Vorwärts ging gar nichts mehr. Also Rückwärts. Jedoch mit der Angst im Fjord zu landen, welches sich wenige Meter den Abhang neben der Straße hinunter befinden musste und Dank keiner Sicht nach hinten schwer einzuschätzen war, wieviel Meter oder Zentimeter mir noch blieben. Im dritten oder vierten Anlauf gelang es mir dann zum Glück mich aus dem tiefen Schnee zu befreien und ich konnte die Fahrt fortsetzen.
Da außer uns wahrscheinlich eh kein Idiot da rum fuhr und mir bisher auch niemand begegnet war, fuhr ich nur noch mitten auf der Straße weiter. Kurz vor dem Ziel dann noch zwei tiefere Schneefelder gemeistert, ehe ich froh in unsere Einfahrt einbog. Die Hunde empfingen mich mit Wimmern und Gebell und schienen mindestens genauso froh wie ich, dass ich wieder da war.
Während der Fahrt habe ich mir schon so meine Gedanken gemacht, ob Steffi auch durchkommt. Von daheim schickte ich ihr dann eine SMS, mit dem Tipp immer mittig zu fahren. Kurz darauf bekam ich von ihr die Nachricht, dass sie fest stecken würde. Na klasse!
Wir telefonierten und sie wollte erstmal versuchen allein wieder frei zu kommen, ehe ich mich wieder in das Unwetter begebe. Ich suchte schon mal Schaufeln, Lampen und Abschleppseil zusammen. Irgendwann kam dann wohl tatsächlich ein anderes Auto bei Steffi vorbei. Die Insassen informierten das Räumfahrzeug auf das Steffi dann warten wollte. Bevor dieses jedoch kam, kamen zwei Trucks. Die Trucker zogen den Wagen raus und Steffi konnte ihre Fahrt fortsetzen. Es war auch garnicht mehr weit bis nach Hause. Durchnässt und kalt konnte sie dann nach Mitternacht verspätet ihre Geburtstagsgeschenke auspacken. 😉
Demnächst verzichten wir auf Kino bei Unwetterwarnung! 😉
Wie in den Nachrichten vermeldet wurde, ist in Lakselv wohl der Weihnachtsbaum im Zentrum umgeknickt und hat noch gleich eine Straßenlaterne mitgenommen. Unser Grundstück ist voller Schnee. Wie ich den Massen Herr werden soll, überlege ich mir jetzt. Da wäre der Nachbar mit dem Traktor nicht unangebracht, der letztens schon hier war.